Brissago
Die Flucht und Ermordung des Gruenbergers
Die Familie Gruenberger
Die Familie Gruenberger lebte nach dem 1. Weltkrieg in Fiume (heute Rijeka). Adele Horitzki wurde 1890 in einer jüdischen Familie in Fiume geboren. Ihre ältere Schwester war Regina Horitzki (*1888). Adele heiratete 1919 Sigismondo Gruenberger (*1881), der aus der Tschechoslowakei stammte. Er war Grosshändler von Textilien. Nach der Heirat kamen die beiden Kinder Egone (*1920) und Erico (*1924) zur Welt.
1940 wurde Sigismondo Gruenberger auf der Basis des italienischen Rassengesetzes verhaftet und ins campo di concentramento von Notaresco in den Abruzzen überführt.
Im Sommer 1943, nach der Besetzung Nord- und Mittelitalien durch die deutsche Wehrmacht verhafteten die deutschen Truppen, die SS und italienische Faschisten immer mehr Juden, um sie zu internieren und zu deportieren. Im Oktober 1943 machten sich deshalb Adele Horitzki Gruenberger zusammen mit ihrer Schwester Regina Horitzki, ihren Söhnen Erico Gruenberger und Egone Gruenberger, sowie dessen frischvermählten Ehefrau Edith Szimkovits Gruenberger (*1921) auf die Flucht. In Mailand suchten sie nach Möglichkeiten ins Ausland zu gelangen und bereiten den Weg in die Schweiz vor.
Mitte Dezember kamen sie nach Cannobio am Lago Maggiore, etwa 8 Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Nach einem beschwerlichen Fussmarsch erreichte die Familie am 17. Dezember 1943 die Schweizer Grenze, wo sie sich den Behörden stellten und Asyl beantragten. Sie übernachteten in Brissago, wo sie am 18.12. am Morgen jedoch den Bescheid erhielten, dass alle zurück nach Italien müssten, ausser Edith Gruenberger, die schwanger war. Adele, ihre Söhne Egone und Erico und die Tante Regina wurden von Brissago mit einem Ruderboot auf die gegenüberliegende Seeseite nach Dirinella gebracht, dem letzten Schweizer Ort vor der Grenze. Ein Schweizer Grenzsoldat begleitete sie sodann an die unbewachte Grenze zu Italien. Von dort sollten sie zu Fuss zum nächsten Bahnhof in Pino, an der Strecke nach Luino, gehen. Kurz bevor die Gruenberger dort ankamen, wurden sie von einer Deutschen Patrouille verhaftet.
Die Familie wurde ins Gefängnis von Varese überführt, wo sie bis am 27.1.1944 eingekerkert blieben. Es folgten drei Tage im Gefängnis S. Vittore in Milano. Von hier wurden am 30. Januar 1944 Hunderte jüdische Gefangene, darunter Adele Horitzki, ihre beiden Söhne und ihre Schwester mit Lastwagen der SS zur Stazione Centrale von Milano überführt, zum berüchtigten unterirdischen Bahn-Geleise 21. Dort wurden jeweils 65 Gefangene in einen Güterwagen gepfercht. Am 30.1.1944 fuhr der Zug ab, Richtung Polen und Auschwitz.
Egone gelang es am nächsten Tag zu fliehen, indem er durch einen Fensterschlitz im Güterwagen aus dem fahrenden Zug sprang. Nach einer längeren Flucht gelangte er Ende Februar 1944 in die Schweiz und wurde diesmal aufgenommen. Adele Horitzki Gruenberger, ihr Sohn Erico Gruenberger und ihre Schwester Regina Horitzki blieben eingesperrt im Zug und wurden nach Ausschwitz deportiert. Wann genau sie umgebracht wurden, ist nicht bekannt.

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